[NEUERSCHEINUNG:] Ein Giro in Triest von Christian Klinger
Klingers neuer Krimi spielt in Triest, im Jahr 1914, der Thronfolger ist gerade in Sarajevo ermordet worden, es geht drunter und drüber und dann wird auch noch die Entführung der Leichen von Franz Ferdinand und seiner Frau angekündigt. Und ausgerechnet der junge Hitzkopf Gaetano Lamprecht soll sich dieser Sache annehmen. Dabei will der Ispettore der Triester Polizei, der Wien wegen eines Duells verlassen musste, mit Politik gar nichts zu tun haben. Alles, was sich der Halbitaliener wünscht, ist, dass es den Menschen in Triest weiterhin gut geht. Deswegen hält er auch von den Nationalisten wenig. Und überhaupt, warum verlangt plötzlich jeder, dass er sich für die Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe entscheidet?
In diesem dramaturgisch äußerst geschickt gestricktem Krimi, an dessen Anfang der angebliche Selbstmord eines Soldaten steht, geht es um weit mehr als “nur” eine Mordermittlung, Lamprecht verwickelt sich in seinem Bestreben, für Ruhe und Ordnung zu sorgen und vor allem den Frieden zu sichern, immer tiefer in die Geschehnisse und riskiert dabei mehrmals sein eigenes Leben. Am Ende kann er die Verantwortlichen zwar stellen, muss er sich jedoch fragen, ob sein Einsatz für den Frieden nicht gerade das Gegenteil bewirkt hat.
“Ein Giro in Triest” ist klug, gut recherchiert und spannend. Klinger kann Dramaturgie, er lässt seine Leser:innen nicht durch die Seiten hetzen, sondern gewährt immer wieder Verschaufpausen, die jedoch alles andere als langweilig sind, sondern tiefer in die Zeit eindringen lassen.
Ein wirklich fein gewebter Stoff Kriminalliteratur!

Christian Klinger:
Ein Giro in Triest
Picus, 2022
Seiten: 296
ISBN: 978–3‑7117–2116‑7
€ 20,00
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ist seit 2009 bei & Radieschen. Ihre Arbeit beginnt bei Einsendeschluss und endet bei den druckfertigen Fahnen. Dazwischen liest sie viel – und wenn ihr etwas gefällt, stellt sie es in unserer Zeitschrift oder auch hier vor.
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